Von der Wiege bis aufs Klettergerüst

Kindern ist der Bewegungsdrang in die Wiege gelegt. Ein gesundes Baby beginnt schon bald nach seiner Geburt Kontakt mit seinen Bezugspersonen aufzunehmen. Schon nach wenigen Wochen beginnt es zunehmend neugierig seine neue Umgebung anzuschauen. Das Baby spielt zunächst  am allerliebsten mit seinen Händchen und Füßchen. Später beginnt es nach Spielzeug zu greifen und steckt alles in den Mund, um die Beschaffenheit noch genauer ertasten und begreifen zu können.

Bewegung fängt im Liegen an. In der Rückenlage und etwas später in der Bauchlage beginnt das Baby sein Gleichgewicht und das Zusammenspiel beider Körperseiten miteinander zu trainieren.  Eltern können ihr Baby und Kleinkind darin unterstützen, die entsprechenden Entwicklungsaufgaben zu erfüllen, indem sie regelmäßig die Situation schaffen, in der ihr Baby aktiv sein und seinen  eigenen Körper gut kennenlernen kann. Ein idealer Platz ist da, z.B.  eine Krabbeldecke mit möglichst wenig Spielzeugangebot.

Mit etwa einem halben Jahr kann sich das Baby dann allein auf den Bauch drehen, wo es meistens schon stabil seine Haltung steuern kann, ohne umzufallen. Es stützt auf den Unterarmen und übt, sich gegen die Schwerkraft abzuheben. Aus dieser Lage sieht die Welt schon wieder völlig anders aus.

Mit 7/8 Monaten gelingt es dem Baby, sich zunächst robbend und später auch krabbelnd fortzubewegen und seine Umgebung zu erkunden, bis es sich bald am Ende des 1. Lebensjahres auch hinsetzen und hinstellen kann.  Zunehmend wird der kleine Mensch immer mutiger und auch selbständiger in seinem Tun. Stets ist der Motor, der die kindliche Entwicklung antreibt, die Neugierde. Mit altersangemessenem und von der Menge her wohl dosiertem  Spielzeug beginnt das Kind zunehmend die Welt zu verstehen und seine Geschicklichkeit zu trainieren und seine Bewegungen immer weiter zu verfeinern.

Spielen ist die Arbeit der Kinder (Maria Montessouri )

Die ideal ablaufende Entwicklung im ersten Lebensjahr eines Menschen bildet gute Voraussetzungen für Bewegungssicherheit,  Selbstbewusstsein, Lernen und auch später orthopädische Gesundheit. Der ständige Drang zum Klettern, Springen, Rutschen, Hopsen, Schaukeln, Ball spielen, schult wichtige Körpererfahrungen, die Eigenwahrnehmung des Kindes, das Gleichgewichtssystem und die Koordination. Durch das Ausprobieren von riskanten Bewegungssituationen wie z. B. das Klettern zunächst nur auf das Sofa, später dann vielleicht auf einen Baum, das Balancieren über ein wackeliges Brett oder das gehen durch eine Pfütze, erproben Kinder ihre eigenen Möglichkeiten, Grenzen und machen Erfahrungen, die das Gehirn nie wieder vergisst.

Es macht stolz, etwas Schwieriges von selbst geschafft zu haben, Erfahrungen zu sammeln, Erfolg und Misserfolg zu verbuchen sowie auch Frust zu erleben und auszuhalten.

Dies alles ist notwendig für den kindlichen Entwicklungsprozess. All die unterschiedlichen Entwicklungsabschnitte bilden wiederum wichtige Voraussetzungen, um sich später auch in der Schule konzentrieren und mit Freude und Erfolg mitarbeiten zu können.

Neuere Erkenntnisse bestätigen Zusammenhänge zwischen Unfallhäufigkeit in Kita /Grundschule und mangelnder Bewegungssicherheit.

Viele Kinder kennen ihren Körper nicht gut genug und konnten keine ausreichenden Bewegungserfahrungen machen. Sie zeigen sich unsicher, ängstlich und klammern an den Eltern, was wiederum dazu führt, dass diese Kleinen ihrem eigentlich, von der Natur eingebauten Explorations- d.h. Forscherdrang, nicht nachkommen können und ihnen so wichtige Erfahrungen verwehrt bleiben.

Was Eltern wissen sollten:

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht (Sprichwort aus Sambia)

  • Ein gesundes Baby benötigt keine extra Termine, um seine Entwicklung zu fördern oder zu beschleunigen. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und absolviert eine Entwicklungsstufe nach der anderen.

Ihr Baby braucht zunächst viel Ruhe und Schlaf, um  enorme Anpassungsleistungen an zu erledigen.
Nach und nach möchte es erstmal seinen eigenen Körper und seine direkte Umgebung kennenlernen.

  • Zunächst benötigt das Baby kein Spielzeug, das liebste Spielzeug ist das Gesicht und die Stimme der Eltern. Intensive Zeiten während der Pflege auf dem Wickeltisch fördert das Kennenlernen, ist für das Kind wie Spielen und stärkt die Bindung.
  • Lassen Sie Ihrem Kind Raum und Zeit sich auszuprobieren, zunächst auf einer Spieldecke in der Wohnung, später z.B. auf einem Spielplatz. Da die Wachphasen gerade in den ersten Wochen und Monaten aber auch nach einem Jahr immer noch recht kurz sind brauchen Kinder die Wachphase um Ihre Entwicklung vorantreiben zu können. Häufiges Tragen im Tragetuch während der Wachphasen nimmt ihrem Kind die Möglichkeit diese Zeit für sich und seine Entwicklung qualitativ zu nutzen aber auch um nach der Wachphase wieder angemessen müde, körperlich ausgelastet und einschlafbereit zu sein.
  • Nehmen Sie ihrem Kind nicht alles ab, auch wenn es sich sehr anstrengen muss, um etwas von selbst zu bewältigen. Vielleicht genügt ein aufmunterndes Wort oder eine kleine Unterstützung. Helfen Sie Ihrem Kind es von selbst zu tun. Wer Kinder überbehütet, nimmt ihnen Lebensfreude, Selbstbewusstsein und die Chancen, Krisen zu meistern.
  • Lassen Sie Ihr Kind laufen und krabbeln, denn je mobiler die Erwachsenen sind, um so immobiler werden häufig ihre Kinder.
  • Sollten Sie beunruhigt über die Entwicklung Ihres Kindes sein, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Kinderarzt/ -ärztin.

 

Antje Voigt- Ostrowsky

https://www.physiotherapie-oh.de

https://www.schlafcoaching-oh.de